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Neckar-Odenwald-Kreis: Gehen auf dem Bau die Arbeiter aus?

fachkräfte
06.03.2021
Presse Archiv

Das Handwerk hat goldenen Boden, heißt es. Aber gilt das auch noch in Zukunft? Angesichts einer zunehmenden "Akademisierung" warnt die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) vor einer Fachkräftekrise für Handwerksbetriebe im Neckar-Odenwald-Kreis. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen der Handwerkskammer Mannheim-Rhein-Neckar-Odenwald: In deren Bereich legten im vorletzten Jahr lediglich und 1450 Auszubildende eine Abschlussprüfung ab - fünf Jahre zuvor waren es noch etwa 1830. Das macht einen Rückgang von 21 Prozent. Der "Gesellen-schwund" ist dabei ein landesweites Phänomen: Zwischen 2010 und 2015 sank die Zahl der Gesellenprüfungen in Baden-Württemberg um 16 Prozent.

Die IG Bau Nordbaden spricht von einem "besorgniserregenden Trend". "Immer mehr Schulabgänger gehen lieber an die Uni statt in einen Handwerksbetrieb", sagt Bezirkschef Wolfgang Kreis. Dabei biete etwa die Baubranche im Neckar-Odenwald-Kreis gute Verdienstmöglichkeiten und eine lange "Karriereleiter". "Sei schlau, geh zum Bau - dieser Tipp gilt nach wie vor", so Wolfgang Kreis.

Nach Angaben der Sozialkassen der Bauwirtschaft (Soka-Bau) waren im vergangenen Oktober knapp 100 Bau-Azubis im Landkreis gemeldet. "Damit steht der Bau besser da als viele andere Handwerksbereiche. Trotzdem: Jeder zusätzliche Azubi wird gebraucht", sagt der Gewerkschafter - "besonders in Zeiten einer deutlich anziehenden Baukonjunktur." Zudem werde der Fachkräftebedarf angesichts geburtenschwacher Jahrgänge weiter steigen.

Ein wichtiges Argument, eine Bau-Ausbildung zu machen, sei nach wie vor die Bezahlung, weiß Kreis. Die Verdienste der Auszubildenden lägen meist sogar über denen der Industrie. Im ersten Lehrjahr gehe ein angehender Maurer oder Straßenbauer mit 755 Euro/Monat nach Hause. Im dritten Ausbildungsjahr sind es sogar 1400 Euro.

Mehr Schulabgänger werde man nur gewinnen, wenn sich neben dem Einkommen auch die Arbeitsbedingungen und das Image der Branche verbesserten, ist die IG Bau überzeugt. Hier seien vor allem die Arbeitgeber gefordert. "Beim Bau denken viele an extremes Malochen. Doch hier hat sich in den letzten Jahren viel getan. Maschinen und digitale Technik erleichtern das Arbeiten." Dennoch bleibe viel zu tun, um die Bauwirtschaft attraktiver zu machen. Einen Handwerker-Mangel bekämen früher oder später auch die Bürger zu spüren - durch höhere Preise beim Bauen und Renovieren.